Investor-Staat-Schiedsverfahren in der Region der „Neuen Seidenstraße“: Stellt der bilaterale Investitionsschutzvertrag zwischen China und der EU ein wegweisendes Modell dar?

  • Zhong-Hui Lisa YU

Abstract

Mit der Aussicht auf eine intensivierte chinesisch-europäische Beziehung als Resultat des aktuell noch auszuhandelnden bilateralen Investitionsabkommens sowie der engeren Vernetzung durch das chinesische Megaprojekt der „Neuen Seidenstraße“ stehen dem globalen Investitionssystem aufregende Zeiten bevor. Vor dem Hintergrund der laufenden Reformierung des scharf kritisierten Investor-Staat-Schiedsverfahrens durch die Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht könnte der künftige Investitionsvertrag zwischen China und der EU als Vorreitermodell für eine neue Generation bilateraler Investitionsabkommen dienen, der ferner den Weg ebnet für einen neuen modus operandi betreffend der Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Investoren und einem Staat. Nach einer Analyse der Investitionsvertragspraxis Chinas und einer Skizzierung der diversen vorhandenen Streitbeilegungsmechanismen in der Region der Neuen Seidenstraße scheint es naheliegend, dass China – in seiner flexiblen Vertragsgestaltungspraxis – mit der EU übereinkommt in dem seitens der EU vorgeschlagenen, innovativen bilateralen Gerichtshof für Investitionsstreitigkeiten. Die Verfasserin hält als Kompromisslösung jedoch die Einführung einer ständigen Berufungsinstanz für deutlich praktikabler als die eines zweistufigen Investitionsgerichtssystems. Die erste Instanz der Streitbeilegung bliebe damit den durch die Parteien gewählten Institutionen überlassen. Demzufolge würde das vorgeschlagene Gerichtssystem zumindest mittelfristig nur eine weitere, ergänzende Option zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten entlang der Neuen Seidenstraße bieten.

Veröffentlicht
2020-04-07
Rubrik
Aufsätze